Die Verwaltung des Taschengeldes ist soziale Arbeit und keine Vermögensverwaltung

Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 13. März 2019 (6 L 1550/18)

In einem Eilverfahren beim Verwaltungsgericht Minden wehrte sich eine Betreuungseinrichtung gegen die behördliche Anordnung, für die Bewohner jeweils umgehend Fremdgeldkonten zu eröffnen und die Verwahrgelder unverzüglich auf diese Konten einzuzahlen. Das Verwaltungsgericht gab der Einrichtung mit ungewöhnlich deutlichen Worten recht. Denn obwohl in einem Eilverfahren die Verwaltungsgerichte in der Regel noch nicht abschließend prüfen, ob ein Bescheid rechtswidrig ist oder nicht, sondern in Anschluss an eine Interessenabwägung entscheiden, bejaht das Gericht die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, da keine Ermächtigungsgrundalge für die Anordnung erkennbar sei.

Aus Sicht der rechtlichen Betreuung besonders interessant sind die Ausführungen des Gerichts zu der Frage, wessen Aufgabe die Verwaltung des Barvermögens ist und wie diese Verwaltung in Einzelnen auszusehen hat:
Das Gericht stellt im Einklang mit der bisher zu dieser Frage vorliegenden Rechtsprechung klar, dass nach geltendem Recht die Verwaltung von Barbeträgen in einer Wohn- und Betreuungseinrichtung Bestandteil der sozialen Betreuung ist und nicht die Aufgabe von rechtlichen Betreuern.
Zitat:

„Ein etwa bestellter Betreuer – auch mit dem Aufgabenkreis Vermögensbetreuung – ist demgegenüber nicht zur tatsächlichen Verwaltung dieser Barbeträge verpflichtet: Eine Betreuung zur Vermögenssorge verpflichtet den Betreuer nicht, an Stelle des Heimträgers Barbeträge zu verwalten, die dem Betreuten zur persönlichen Verfügung bewilligt worden sind.“

Die Pflicht einer Pflege- oder Betreuungseinrichtung zur Taschengeldverwaltung beinhalte die Entgegennahme von baren und unbaren Einzahlungen, die sichere Verwahrung des Geldes, die Auszahlung an den Bewohner und die Führung von Kontolisten, um jedem Bewohner die Möglichkeit zu geben, sich über den aktuell zur Verfügung stehenden Barbetrag einen Überblick zu verschaffen. Erst ab der Verwaltung vierstelliger Euro-Beträge oder wenn es um üblicherweise von Geldinstituten übernommene Geschäfte ginge – wie zum Beispiel die Erledigung von Überweisungen – müsse die Verwaltung ggf. mit Hilfe von rechtlichen Betreuern erledigt werden.

Soweit mit Inkrafttreten der dritten Stufe des Bundesteilhabegesetzes damit zu rechnen ist, dass rechtliche Betreuer Girokonten für in stationären Einrichtungen lebende Betreute eröffnen müssen, ist nach Auffassung des BVfB e.V. damit noch nichts darüber ausgesagt, ob die Verwaltung der darauf eingezahlten Gelder Bestandteil der Vermögenssorge ist oder als Teil der sozialen Arbeit von den jeweiligen Einrichtungen zu bewerkstelligen ist. Nach der bisherigen Rechtsprechung dürfte es auf die Höhe der zu verwaltenden Beträge und darauf ankommen, ob und in welchem Umfang banktypische Tätigkeiten von den rechtlichen Betreuern zu veranlassen sind. Schließlich wird nach derzeitigem Kenntnisstand des BVfB e.V. eine Barbetragsverwaltung, wie sie vom Verwaltungsgericht Minden in dem kommentierten Beschluss beschrieben wird, durch das Bundesteilhabegesetz nicht ausgeschlossen.

VG Minden, Beschluss vom 13.03.2019 (6L 1550/18)