Betreuungsbehörden entwickeln viele neue Betreuereignungskriterien

BVfB: Alles durchaus vernünftig – aber ohne ausreichende Rechtsgrundlage

Die Bundearbeitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfeträger (BAGüS) und die kommunalen Spitzenverbände Landkreistag und Städtetag haben gemeinsam ihre Empfehlungen für Betreuungsbehörden bei der Betreuerauswahl überarbeitet.

Die Vertretungen der überörtlichen Behörden (BAGüS) und der örtlichen (Spitzenverbände) leiten aus den Bestimmungen des BGB und des Betreuungsbehördengesetzes eine Vielzahl neuer Eignungskriterien und daraus wiederum neue behördliche Befugnisse ab, Betreuerbestellungen zu verhindern oder Betreuerentlassungen zu betreiben.  Dabei sehen sich die Behörden offenbar schon als künftige Zentralstelle des Bestellungsverfahrens: es sei „angebracht, dass das Betreuungsgericht die Betreuungsbehörde unter Angabe der Gründe informiert, wenn (…) im Einzelfall von dem Betreuervorschlag der Betreuungsbehörde abgewichen wird.“

Bei der Eignungsbeurteilung durch die Betreuungsbehörde seien im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Zeitumfang der Berufstätigkeit, die Anzahl der geführten Betreuungen, die Beschäftigung von Hilfskräften und die Delegation von Betreueraufgaben zu berücksichtigen. Die Behörde sei befugt „zu beurteilen, welchen Umfang der Delegation der Grundsatz der persönlichen Betreuung gem. § 1897 Abs 1 BGB im Einzelfall gestattet. Außerdem seien der Ausbildungsstatus und die beruflichen Erfahrungen und Kenntnisse unter Bezugnahme auf ihre Nutzbarkeit für die Betreuung zu berücksichtigen.

In der Empfehlung äußern die Vertreter der Betreuungsbehörden die Auffassung, dass die Berücksichtigung von Wunsch und Wohl der betreuten Person nur durch ausreichend häufige und regelmäßige Kontakte zu gewährleisten sei. Aus diesem Grund sei die “übermäßige Konzentration von Betreuungen bei einem Betreuer” zu vermeiden. Konkrete Fallzahlenbegrenzungen werden jedoch nicht vertreten.

Offenbar als Probelauf für die künftige Einführung von Vergabeverfahren wollen die Betreuungsbehörden „Interessenbekundungsverfahren“ einführen. Dabei sollen zukünftige Betreuer aufgefordert werden, ein Leistungsprofil zu erstellen mit Aussagen zu den besonderen Fachkenntnissen, Zielgruppen, die Büroorganisation, Kapazitäten und Vertretungsregelungen.

„Die Vorstellungen der Betreuungsbehördenvertreter zu weiteren Eignungskriterien sind durchaus alle vernünftig und würden zu einer Qualitätsverbesserung im Betreuungswesen beitragen. Als Begründungen für die Ablehnung einer Betreuerbestellung oder eine Entlassung sind sie aber allesamt rechtswidrig, weil ihnen für den Grundrechtseingriff eine spezifische Gesetzesgrundlage fehlt“, stellt Walter Klitschka, der 1. Vorsitzende des Bundesverbandes freier Berufsbetreuer dazu in Berlin fest. „Die Empfehlungen sind der Versuch der Quadratur des Kreises: ohne gesetzliche Grundlage rechtssicher Betreuereignungskriterien anwenden zu wollen“, so Klitschka. „Wir brauchen ein Betreuerberufsgesetz, dass die Berufszulassung und die Grundlagen von Fachlichkeitsstandards regelt“. Dazu müsse aber der Landkreistag wie auch die Länderjustizminister den Widerstand gegen eine gesetzliche Regelung aufgeben.